Bewertung von Luftreinigern in Klassenräumen anhand numerischer Strömungssimulationen

Forschungsstelle: Lehrstuhl für Gebäude- und Raumklimatechnik (EBC), RWTH Aachen University
Projektkennung: HTX0020
Projektbeginn:
Januar 2021 bis Januar 2024

Kann in einem Klassenraum kein ausreichender Volumenstrom an Außenluft bereitgestellt werden, können Viren, die über Aerosolpartikel transportiert werden, auch über einen Luftreiniger aus der Luft entfernt werden. Die Geräte arbeiten in der Mehrzahl mit Filtern, die für die Abscheidung von Viren hinsichtlich ihres Abscheidungsgrads ausgelegt werden. Es werden auch Geräte mit UV-C Strahlung angeboten, die durch eine ausreichend lange Bestrahlung der Partikel mit kurzwelliger Strahlung für eine Inaktivierung der Viren sorgen sollen. Luftreiniger haben prinzipiell keinen Einfluss auf die CO2-Konzentration in einem Raum. Da Luftreinigungsgeräte nur Partikel aus der Raumluft entfernen und insbesondere gasförmige Verunreinigungen und Schadstoffe nicht aus der Luft abscheiden können, sind diese Geräte immer als eine zusätzliche Maßnahme anzusehen. Luftreiniger sind kein Ersatz zur Lüftung eines Raums mit Außenluft, sie können allerdings insbesondere in Zeiten einer Pandemie eine sinnvolle Ergänzung sein.

Das Umweltbundesamt bewertet Luftreinigungsverfahren vorsichtig: „Vor dem Hintergrund einer möglichen Übertragung des SARS-CoV-2-Virus über Aerosole in Klassenräumen werden mobile Luftreinigungsgeräte (d. h. frei im Raum aufstellbare Geräte) derzeit diskutiert als Ergänzung für das Lüften mit Außenluft (über Fenster oder raumlufttechnische Anlagen), um virushaltige Aerosolpartikel aus der Luft zu entfernen. Das Umweltbundesamt steht einem generellen Einsatz mobiler Luftreinigungsgeräte jedoch kritisch gegenüber und hält ihn lediglich in Ausnahmefällen als zusätzliche Maßnahme für gerechtfertigt. Denn die Wirksamkeit der mobilen Luftreinigungsgeräte in Hinblick auf die Reduzierung von SARS-CoV-2-Viren ist in vielen Fällen bislang nicht eindeutig nachgewiesen. Zudem beseitigen mobile Luftreiniger nicht die in Unterrichtsräumen übliche Anreicherung von Kohlendioxid (CO2), Luftfeuchte und diversen chemischen, teils geruchsaktiven Substanzen.“ Der fehlende Nachweis der Wirksamkeit eines Luftreinigers bezieht sich dabei weniger auf den Abscheidegrad des eingesetzten Filtermaterials in der Partikelgrößenklasse PM1. Vielmehr wird die Wirksamkeit der Geräte in Hinblick auf die Erfassung aller Partikel im Raum als kritisch angesehen. Für die Bewertung von Luftreinigungsgeräten müssen daher folgende Punkte beachtet werden:

  1. Filtermaterialen werden vom Hersteller klassifiziert und für die Bewertung des Filtermaterials in Bezug auf die Erfassung von virenbelasteten Aerosolen kann der Abscheidegrad für die Partikelgrößenklasse PM1 verwendet werden.
    Beispiel: Filterkasse ISO ePM1 90% – es werden 90 % der relevanten Partikel im Filtermaterial abgeschieden.
  2. Die Hersteller der Filtergeräte müssen sicherstellen, dass der gesamte Volumenstrom, der von dem Gerät erfasst wird, über den Filter geführt wird. Es darf keine Leckage geben.
  3. Die Reinigungsleistung des Geräts ergibt sich aus dem Produkt des Luftvolumenstroms des Geräts, der Lüftungswirksamkeit und des Abscheidegrads des verwendeten Filtermaterials. Die Lüftungswirksamkeit beschreibt den Effekt, ob die relevanten Aerosole in einem Raum überhaupt in den Einzugsbereich eines Luftreinigers gelangen und ob sich im Bereich des Luftreinigers eine Kurzschlussströmung ausbildet, die eine Erfassung der Aerosole erschwert. Bei einer vollständigen Durchmischung des Raums (ideale Mischlüftung) ist dieser Wert eins, genaue Werte können nur über aufwendige Messungen oder Strömungsberechnungen ermittelt werden.

Die Punkte 1 und 2 müssen von den Herstellern bei der Entwicklung der Geräte beachtet werden. Im Rahmen dieses Projektes soll der Fokus daher auf den Punkt 3 gelegt werden, der für diese Geräte kritisch ist und nicht durch einfache Abschätzungen bemessen werden kann.

Die Wirkung eines Luftreinigers hängt von der Qualität der eingesetzten Filter, dem erreichbaren Volumenstrom bei zumutbarer akustischer Belastung und der Erfassung der Partikel im Raum ab. Die Erfassung der Partikel, die hier mit dem Begriff der Wirksamkeit eines Luftreinigers beschrieben werden soll, hängt direkt von der sich ausbildenden Raumluftströmung ab. Die Raumluftströmung wird maßgeblich von der Einbringung der Zuluft in den Raum, der Auftriebsströmung über allen Personen und der Position sowie der Luftführung des Luftreinigers beeinflusst.

Da es sich bei diesen Größen um geometrische Parameter handelt, werden die Effekte anhand aufwendiger und zeitaufgelöster Strömungsberechnungen untersucht. Bei diesen CFD-Berechnungen (Computational Fluid Dynamics) werden die Navier-Stokes Gleichungen auf einem dreidimensionalen Gitter numerisch gelöst. Dabei werden Turbulenzmodelle eingesetzt, welche die Mischung durch turbulente Strukturen abbilden. Bei einer Fensterlüftung müssen zudem die Zustände innerhalb einer Lüftungsphase und während der Zeiträume ohne offene Fenster in getrennten Szenarien abgebildet werden. Außerdem werden die Lüftungsphasen über vereinfachte Randbedingungen an mögliche Wetterbedingungen angepasst.

Es werden sowohl typische Vertreter von einzelnen Luftreinigern mit hohen Volumenströmen und ein Beispiel mit kleinen Luftreinigern in einem Klassenraum durchgeführt, die in größerer Anzahl aufgestellt werden müssen. Der Bereich um die Luftreiniger wird ausreichend fein in der Berechnung aufgelöst, so dass Kurzschlussströmungen abgebildet werden können.

Durch die Auswertung der Ergebnisse werden Anhaltswerte für die Wirksamkeit der Luftreiniger ermittelt. Außerdem sollen Hinweise für die Dimensionierung und Aufstellung der Geräte in einem typischen Klassenraum abgeleitet werden, so dass die nach den Aussagen des Umweltbundesamtes bestehenden Unsicherheiten in Bezug auf die Luftreiniger reduziert werden können.

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